Die Südseite der Gracaca. Bei einen Rundgang genießt man tolle Ausblicke ins Jauntal und zu den Steiner Alpen.
Filialkirche St. Daniel in Grabelsdorf Text von Franz Fera
Die spätgotische Kirche steht am Südabhang der Gracarca (687 m), 625 m über dem Meeresspiegel.
Der gesamte Nordabhang der Gracarca war von Beginn der Hallstattkultur (frühe Eisenzeit, 9. – 6. Jh. v. Chr.) besiedelt. Die größte räumliche Ausdehnung hatte die Gracarca Siedlung in spätkeltischer Zeit (2. – 1. Jh. v. Chr.). Zur Zeit der Machtübernahme der Römer in Noricum (15 v. Chr.) endete die Besiedelung auf der Gracarca. Zahlreiche Funde (Tongeschirr, Pfostenlöcher, Fibeln, spätkeltisches Wassersammelbecken, Schmiedeplatz, Waffen, Schmuck, Webgewichte, Münzen, Abbauspuren von Mühlsteinen, u.Ä.) belegen die Siedlung.
Das Areal der südlichen Gracarca, von der Kirche St. Daniel bis hinunter zur anschließenden Terrasse, war durchgehend religiös-kultischen Zwecken vorbehalten. Auf einer Ebene oberhalb von Grabelsdorf befand sich ein dicht belegtes Gräberfeld, wo die Siedler der Gracarca ihre Verstorbenen in Erdgruben oder tönernen Urnen begruben. Die Verstorbenen wurden verbrannt, die Gräber waren teilweise reich mit Bronzeschmuck und Bronzewaffen ausgestattet. Auf einer Hügelkuppe befand sich etwas exponiert das Grab eines mit zwei Lanzenspitzen ausgerüsteten Kriegers. Er wurde verbrannt und in einer Urne in einem Grabhügel beigesetzt. Eine neuerliche Bestattung auf diesem Grabhügel fand erst wieder ca. 1500 Jahre später (7. Jh. n. Chr., frühes Mittelalter) statt. Im 7. Jh. entstand im Gebiet des heutigen Kärnten das slawische Fürstentum Karantanien. Von diesem Karantanien leitet sich auch der Name Kärnten / Koroška ab.
Ein Anführer der Karantanen (= ban) wurde als „Nachbestattung“ in der Zeit um 700 n. Chr. im bereits erwähnten Hügelgrab beigesetzt. An seiner rechten Seite fanden sich ein einschneidiges Schwert (Sax) und zwei eiserne Messer, bronzene Beschlagreste eines Gürtels samt Salzbehälter, zu seinen Füßen ein eiserner Reitersporn. Nachdem Sporen den Awaren völlig fremd waren, kann es sich bei dem Toten um keinen Awaren handeln. Da das Grab isoliert vom Gräberfeld liegt, kann man von einem karantanischen Anführer im Range eines Ban sprechen.
Grabelsdorf/Grabalja vas, das mittelalterliche villa Gabrielis und die Kirche St. Daniel werden in den Jahren 1050 bis 1090 mehrmals in verschiedenen Urkunden erwähnt. Villa Gabrielis bedeutet wörtlich das Dorf des Gabriel.
Der Ortsname geht also auf eine Person namens Gabriel zurück und muss zwischen dem 8. und dem beginnenden 11. Jh. entstanden sein. In diesem Zeitraum wurden die slawischen Karantanen christianisiert. Es deutet vieles darauf hin, dass wir es bei diesem Gabriel mit einem konvertierten Slawen zu tun haben, der bei seiner Taufe diesen biblischen Namen angenommen hatte. Man muss annehmen, dass es sich um ein Oberhaupt der hier angesiedelten Gemeinschaft handelt, etwa ein župan oder sogar ein ban.
Die mittelalterliche Siedlung wird im heutigen Ortskern vermutet. Vieles deutet darauf hin, dass die ursprüngliche Kirche St. Daniel bald nach der Christianisierung der Karantanen durch Salzburger Missionare als direkter Nachfolger eines heidnischen Heiligtums oder Kultortes aus dem 8./9. Jh. errichtet wurde. Als Stifter der Kirche kommt der für die Ortschaft namengebende Gabriel in Betracht.
1050 gehörte die Kirche St. Daniel als Eigenkirche mehreren Personen, was als Beleg dafür gewertet werden kann, dass das Gotteshaus spätestens im 10. Jh. schon bestanden hatte.
1060 befand sich die Kirche St. Daniel im Eigentum des Bischofs von Brixen in Südtirol, ebenso die Kirche in Stein/Kamen und die Kirche St. Georg/Sveti Jurij am Georgiberg. Im 12. Jahrhundert gelangte St. Daniel an das Kloster Eberndorf, wurde um 1238 von Graf Albert III. von Tirol losgekauft und war nunmehr eine Filialkirche von Stein.
Das jetzige gotische Kirchengebäude wurde auf den Resten der romanischen Kirche aufgebaut.
Ein romanisches Weihrauchfass, das als einzige Erinnerung aus der alten Kirche übrig geblieben ist, befindet sich im Diözesanmuseum in Klagenfurt.
Für einen Ausbau der jetzigen Kirche am Ende des 15. bzw. Anfang des 16. Jh. sprechen eine Bauinschrift mit Steinmetzzeichen im Altarraum (1499) und die Jahreszahl 1513 über dem Eingangstor.
Das spätgotische Kirchengebäude besteht aus dem achteckigen Altarraum, der an der Außenseite von Strebepfeilern gestützt wird, und dem etwas breiteren Langhaus.
Der Altarraum weist ein Netzrippengewölbe auf, das Langhaus dagegen ein Sternrippengewölbe auf Konsolen. An den figürlich verzierten Schlusssteinen befinden sich die Bilder Maria mit Kind, Daniel mit dem Löwen, ein Bischof und eine Frau mit Zepter.
Die Sakristei wurde 1948 in Eigenregie der Grabelsdorfer an der nordöstlichen Seite der Kirche dazugebaut.
Der ursprüngliche Boden des Altarraumes war mit Steinplatten, das Langhaus samt Vorhalle mit gebrannten Ziegeln gepflastert. 1974 wurde der Boden erneuert, zwei Jahre später neue Bänke angeschafft.
Altäre:
Der Aufsatz des Hauptaltares wurde 1899 vom Bildhauer Ignaz Oblak aus Celje hergestellt. Darauf stehen die Statuen des Propheten Daniel in der Löwengrube zwischen dem hl. Thomas und dem hl. Donatus.
Im obersten Bereich des Hauptaltares stand die Statue Gott Vater. Sie wurde im Sommer 1966 gestohlen und ist seitdem nicht mehr aufgetaucht.
Die zwei Seitenaltäre wurden 1916 erneuert. Überreste vom alten Hauptaltar und einem alten Seitenaltar befinden sich derzeit in der Vorhalle der Kirche. Ein Teil des zweiten Seitenaltars befindet sich im Diözesanmuseum in Klagenfurt.
Am linken Seitenaltar steht zwischen zwei Engeln die Statue des hl. Gregor, Papst.
Im oberen Teil des Altars ist die Statue der hl. Maria.
Am rechten Seitenaltar sehen wir wieder flankiert von zwei Engeln die Darstellung des hl. Mathias und des hl. Sebastian.
Im oberen Teil dieses Altars steht eine Statue des hl. Nikolaus, Bischof.
Dach:
Ein Foto aus dem Jahre 1942 zeigt, dass das Dach auf dem Langhaus und ebenso der Turm zu dieser Zeit noch mit kleinen Holzbrettchen gedeckt waren. Das Dach über dem Altarraum hatte noch bis 2006 eine alte Steinplattendeckung.
1952 wurde der Turm mit Lärchenbrettchen und im Jahr 1955 das Hauptdach mit Zementziegeln neu eingedeckt.
2006 wurde das Dach in Einvernehmen mit dem Bundesdenkmalamt mit Biberschwanzziegeln in Doppeldeckung ganzflächig neu eingedeckt. Der sechsseitige Turm ist nach wie vor mit kleinteiligen Lärchenbrettern gedeckt. Die Innenkonstruktion des Turmes wurde mit Seilen und Holzbalken verstärkt. 2007 wurde auch die neue Blitzschutzanlage errichtet.
Glocken:
Im Turm (Dachreiter) befinden sich zwei Glocken. Im zweiten Weltkrieg (1942 oder 1943) fielen die Glocken der Rüstung zum Opfer. Beide Glocken wurden auf den Bahnhof nach Kühnsdorf verfrachtet und zum Einschmelzen abtransportiert. Im April 1949 starteten die Pfarrangehörigen der unteren Pfarre eine Sammelaktion für die neuen Glocken. Sammellisten wurden angelegt und es wurde großzügig gespendet. Das „Glockenkomitee“ organisierte sogar einen Glückshafen und verkaufte über 2000 Lose. Es wurden die erforderlichen 8.000 Schilling aufgebracht und ab September 1949 erklangen die zwei neuen Glocken.
1999 wurde das Elektrogeläute installiert. Dies wurde möglich, nachdem die Gemeinde St. Kanzian im Jahr zuvor eine Strom- und Wasserleitung bis zur Kirche errichtet hatte.
Friedhof:
Auf der Süd- und Südostseite der Kirche befindet sich ein Friedhof. Laut Singer kam dies bei sehr frühen Kirchenbauten nur ganz selten vor. Nur Grabelsdorf und Greutschach sollen solche Ausnahmen sein. Möglicherweise wurde der Friedhof als Bestattungsplatz der christianisierten Bevölkerung bereits bei Gründung der Kirche angelegt, als Nachfolger des frühmittelalterlichen Friedhofes von Grabelsdorf, der etwa 150 m südlich der Kirche hangabwärts gelegen war.
Heute ist der Friedhof mit einer Friedhofsmauer umgeben. Nachdem der ursprüngliche Friedhof zu klein geworden war, überlegte man für die untere Pfarre einen neuen Friedhof in Mökriach anzulegen. Doch die Mökriacher sprachen sich dagegen aus. Darum entschloss man sich 1954 den Friedhof bei der Danielkirche zu erweitern.
Auf diesem Friedhof werden die Pfarrangehörigen aus den Ortschaften der unteren Pfarre (Grabelsdorf, Mökriach, Pudab, Hof, Lanzendorf) begraben.
Restaurierung 2011:
2011 wurden der gesamte Innenraum, die Sakristei und die drei Altäre, unter Aufsicht des Bundesdenkmalamtes, durch den Restaurator Campidell restauriert. Der von der spätgotischen Architektur geprägte Innenraum sollte in den ursprünglichen Zustand gebracht werden.
Hinter den beiden Seitenaltären kamen relativ gut erhaltene Fresken zum Vorschein.
Sie stellen die gleichen Heiligen dar, die auch an den beiden Seitenaltären zu sehen sind.
Die Seitenaltäre wurden nach der Renovierung ein wenig nach vorne gerückt, damit man die Fresken zumindest teilweise sehen kann.
Das Bildnis der hl. Dreifaltigkeit und die slowenische Aufschrift Slava Bogu na višavah (Ehre sei Gott in der Höhe) an der langraumseitigen Wand blieben bei der Restaurierung unberührt.
Dieses Wandbild schuf der Maler Medardus Skuk im Jahre 1899. Von ihm stammen vermutlich auch die nun übermalten Evangelistenbilder im Altarraum sowie die Bildnisse der Hl. Mutter Gottes und des Hl. Johannes neben dem Friedhofskreuz an der südlichen Außenwand der Kirche.
Medardus Skuk (1844-1923) lebte in Grabelsdorf und wurde auch auf dem Friedhof in Grabelsdorf begraben. Eine verblichene Grabinschrift eines aufgelassenen Grabes an der Ostseite des Friedhofes erinnert noch daran.
Jože Fera
Literatur
GLEIRSCHER 1997 – Paul Gleirscher, Die Keltensiedlung auf der Gracarca, (St. Kanzian 1997)
SINGER 1938 – Stephan Singer, Kultur- und Kirchengeschichte des Jauntales, Dekanat Eberndorf. 3. Band (Kappel 1938) 264-265
EICHERT 2010 – Stefan Eichert, Grabelsdorf – villa Gabrielis, Betrachtungen zur Entwicklung einer Siedlung vom 7. bis ins 11. Jahrhundert. Carinthia I 200 (2010)
JERNEJ 1993 – Renate Jernej, Gracarca, Georgiberg und Stein im Mittelalter. Carinhia I 183 (1993) 95-106.
WALTHER FRESACHER 1956 – Erläuterungen zum historischen Atlas der österreichischen Alpenländer. 1. Kärnten südlich der Drau, 114-115 (Klagenfurt 1956)
ADG – Archiv der Diözese Gurk, APA St. Veit im Jauntal, X